Bank Austria Konjunkturindikator: Anhaltende Unsicherheiten dämpfen Wachstumsaussichten für Österreich
- Die Konjunkturstimmung lässt weiter nach: UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator sinkt im Februar auf 2,5 Punkte
- Die Auswirkungen der andauernden Verschlechterung des Exportumfelds werden durch die optimistische Stimmung im Inland abgefedert
- Die Arbeitslosenquote wird 2019 auf 7,3 Prozent sinken, obwohl der Verbesserungstrend Mitte des Jahres ausläuft
- Die Inflation übersteigt 2019 und 2020 mit 1,8 bzw. 1,9 Prozent weiter den Vergleichswert im Euroraum
- Trotzdem ist Österreichs Wirtschaft im Export weiterhin sehr erfolgreich
- Verlängerung von Liquiditätsmaßnahmen der EZB mittels Langfristkrediten; Zinsanhebungen in diesem Umfeld für längere Zeit nicht sinnvoll
Die Eintrübung der Konjunkturstimmung vom Allzeithoch zum Jahreswechsel 2017/18 setzt sich fort. „Im Februar 2019 ist der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator auf 2,5 Punkte gesunken. Das Tempo des Rückgangs hat sich zwar jüngst etwas verlangsamt, jedoch hat der Indikator mittlerweile den tiefsten Stand seit 2,5 Jahren erreicht“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer.
Während die Herausforderungen im Export erneut deutlich gestiegen sind, bremste der anhaltende Optimismus im Inland das Absinken des UniCredit Bank Austria Konjunkturindikators. Der starke Rückgang des mit den österreichischen Handelsanteilen gewichteten Teilindikators für das internationale Exportumfeld hat die Stimmung in der heimischen Industrie erneut stark belastet. Dagegen hat der Optimismus am Bau sogar zugelegt, während sich im Dienstleistungssektor die Stimmung kaum verändert hat, zumal die heimischen Verbraucher angesichts des noch anhaltenden Verbesserungstrends am Arbeitsmarkt und der höheren Lohndynamik im Februar sogar etwas zuversichtlicher geworden sind.
Geringere Wachstumsaussichten für 2019/20
Seit der zweiten Jahreshälfte 2018 läuft der Konjunkturmotor mit geringerer Drehzahl. Der andauernde Rückgang des UniCredit Bank Austria Konjunkturindikators sowie die bisher vorliegenden realwirtschaftlichen Daten lassen auch für den Jahresbeginn 2019 keine Trendwende erwarten. Die bestehenden Unsicherheiten durch den bevorstehenden Brexit, die Veränderungen im globalen Handel durch die US-Politik sowie die Nachwirkungen in der Autoindustrie durch den neuen Abgastestzyklus belasten weiterhin den Export.
„Gestützt auf die Inlandsnachfrage wird die österreichische Wirtschaft zu Beginn 2019 ihren Wachstumskurs fortsetzen können. Allerdings wird der BIP-Anstieg erstmals seit 2,5 Jahren in einem Quartal weniger als 2 Prozent im Jahresvergleich betragen“, meint Bruckbauer. Auch wenn sich bis Mitte 2019 die vorhandenen Unsicherheiten zumindest zum Teil entspannen dürften, wird der Anstieg des BIP 2019 deutlich niedriger als im Vorjahr ausfallen. „Wir erwarten im Gesamtjahr 2019 einen Rückgang des Wirtschaftswachstums auf zumindest 1,6 Prozent nach starken 2,7 Prozent im Vorjahr. 2020 kommen mit der weiteren Verlangsamung der Dynamik in China und einer voraussichtlich spürbaren Abschwächung der Konjunktur in den USA noch zwei belastende Faktoren hinzu, sodass eine weitere Verringerung der Konjunkturdynamik im Raum steht“, so Bruckbauer und ergänzt, „allerdings sind vor allem für 2019 die Risiken eines schwächer als von uns erwarteten Wachstums größer als die einer positiven Überraschung.“
Verbesserungstrend am Arbeitsmarkt geht 2019 zu Ende
Die schwächere Konjunktur wird die positive Entwicklung am österreichischen Arbeitsmarkt im Verlauf des Jahres 2019 nach Einschätzung der Ökonomen der UniCredit Bank Austria beenden. „Ab Mitte 2019 wird die Arbeitslosigkeit in Österreich voraussichtlich nicht mehr sinken. Aufgrund des auch wetterbedingt guten Starts ins Jahr wird die Arbeitslosenquote im Jahresdurchschnitt 2019 mit 7,3 Prozent jedoch erneut den Vorjahreswert spürbar unterschreiten. Für 2020 ist allerdings keine weitere Verbesserung mehr zu erwarten“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.
Höhere Inflation als im Euroraum führte bisher zu keinem Wettbewerbsverlust
In diesem Konjunkturumfeld wird die Inflation in Österreich sowohl 2019 als auch 2020 unter der Marke von 2 Prozent liegen. „Der geringere Ölpreis wird die Inflation entlasten. Zudem bleibt der nachfragebedingte Preisdruck nach oben 2019/20 überschaubar. Allerdings wird die steigende Lohndynamik und die kräftige Inlandsnachfrage die Teuerung vor allem im Dienstleistungssektor soweit ankurbeln, dass die Inflation 2019 mit 1,8 Prozent und 2020 mit 1,9 Prozent erneut spürbar über den Vergleichswerten im Euroraum liegen wird“, erwartet Pudschedl.
Seit dem Jahr 2008 hat sich mittlerweile ein kumulierter Inflationsaufschlag von rund 5,5 Prozentpunkten gegenüber dem Euroraum ergeben. Für die Annahme einer sinkenden Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Exportwirtschaft durch die vergleichsweise höhere Inflation ergeben sich dennoch bisher keine Anhaltspunkte. Der österreichische Marktanteil (Warenausfuhren in Prozent der Wareneinfuhren) im Euroraum ist seit 2008 weitgehend unverändert bei 4,4 Prozent. Die Nettoexporte (Warenausfuhren minus Wareneinfuhren) in Relation zur Wirtschaftsleistung weisen zwar ein Passivum auf. Der Saldo hat sich jedoch seit 2008 sogar um einen Prozentpunkt verbessert.
Fiskalische Impulse zur richtigen Zeit
Mit der Reduzierung der Arbeitslosenbeiträge von Geringverdienern Mitte 2018 und der Einführung des Familienbonus Plus zu Beginn 2019 hat die österreichische Regierung Maßnahmen gesetzt, die über die Stärkung der Binnennachfrage der nachlassenden Wachstumsunterstützung durch den Außenhandel entgegenwirken.
Sollte die schwache Konjunktur im Euroraum anhalten, könnten fiskalische Maßnahmen auf europäischer Ebene notwendig werden. Aufgrund der bevorstehenden Wahlen zum Europaparlament sind die Chancen einer raschen Umsetzung koordinierter Konjunkturimpulse jedoch begrenzt. „Um zeitnah wieder ein günstigeres Wachstumsumfeld für die europäische Wirtschaft zu schaffen, besteht nach unserer Einschätzung jedoch eine geringere Dringlichkeit für fiskalische Konjunkturimpulse, als vielmehr für Maßnahmen zur Überwindung der bestehenden Verunsicherungen durch den Brexit sowie der protektionistischen US-Handelspolitik“, meint Pudschedl. Insbesondere ist hinsichtlich der im Raum stehenden US-Zölle für die Autoindustrie eine rasche Lösung voranzutreiben.
Normalisierung der Geldpolitik nicht in Sicht
Angesichts der spürbaren Verlangsamung des Wirtschaftswachstums und der sinkenden Inflationserwartungen im Euroraum sind von der Europäischen Zentralbank nach der Beendigung des Wertpapierkaufprogramms Ende 2018 vorerst keine weiteren Normalisierungsschritte in der Geldpolitik zu erwarten.
„Im aktuellen Konjunkturumfeld sind Anhebungen der Leitzinsen in weite Ferne gerückt und auch nicht sinnvoll. Wir erwarten bis Ende 2020 keine Veränderung der aktuellen Zinssätze“, meint Bruckbauer und ergänzt: „Die kürzlich angekündigte neue Reihe von vierteljährlichen gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (TLTROs) werden zur Refinanzierung der auslaufenden Langfristkredite und damit zur Begrenzung möglicher negativer Auswirkungen auf die Kreditdynamik im Euroraum beitragen, wenn auch die zweijährige Laufzeit von September 2019 bis März 2021 möglicherweise etwas kurz bemessen ist.“ Die auslaufenden Langfristkredite aus den Jahren 2016 und 2017 liefen über vier Jahre.