UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Dezember
Aufschwung der österreichischen Industrie gewinnt trotz Lockdown an Fahrt
- Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex ist im Dezember auf 53,5 Punkte gestiegen, den zweithöchsten Wert in den vergangenen zwei Jahren
- Das stärker wachsendes Neugeschäft sorgte erneut für eine kräftige Produktionsausweitung
- Die positive Entwicklung wurde von den Vorleistungs- und Investitionsgüterherstellern getragen
- Der deutliche Kostenanstieg durch Lieferengpässe belastete die Ertragslage der Unternehmen
- Beginnende Stabilisierung am Arbeitsmarkt dank positiver Geschäftsaussichten
- Die Produktionserwartungen für die nächsten zwölf Monate stiegen auf 65,2 Punkte, ein 33-Monats-Hoch
Der Aufschwung der heimischen Industrie setzt sich ungeachtet der einschränkenden Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie fort. „Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex ist im Dezember auf 53,5 Punkte gestiegen, den zweithöchsten Wert seit zwei Jahren. Seit nunmehr sechs Monaten liegt die österreichische Industrie auf Wachstumskurs, und gegen Jahresende hat die Dynamik sogar noch zugenommen“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer.
Aufwärtstrend in ganz Europa
Mit dem aktuellen Anstieg übertrifft der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex noch deutlicher die Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Damit liegt die österreichische Industrie voll im europäischen Trend. Auch im Euroraum hat sich der Aufschwung trotz unterschiedlichster Lockdown-Maßnahmen in den einzelnen Ländern im Dezember beschleunigt. „Der vorläufige Einkaufsmanagerindex für die verarbeitende Industrie im Euroraum ist auf 55,5 Punkte gestiegen, den höchsten Wert seit 2,5 Jahren. Insbesondere der Aufschwung in der deutschen Industrie hat dazu wesentlich beigetragen“, so Bruckbauer.
Der Aufwärtstrend der deutschen Industrie, der sich im Anstieg des deutschen Einkaufsmanagerindex für die Verarbeitende Industrie auf 58,6 Punkte im Dezember widerspiegelt, hat die positive Entwicklung in der österreichischen Industrie wesentlich gestützt. „Die spürbare Belebung der Exportnachfrage hat für die erneute Ausweitung der Produktion der österreichischen Industrie gesorgt. Infolge zeigt die Beschäftigungssituation Anzeichen einer Stabilisierung. Allerdings führten Rohstoffengpässe und Lieferverzögerungen zu starken Kostenanstiegen und Ertragseinbußen sowie einer deutlichen Verlängerung der Auslieferzeiten“, fasst Bruckbauer die wesentlichen Details der monatlichen Umfrage unter Einkaufsmanagern der heimischen Industrie zusammen.
Belebung des Exportgeschäfts
Einen großen Beitrag zum Anstieg des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex lieferte im Dezember die Verbesserung der Auftragslage. Der Index für das Neugeschäft stieg auf 53,7 Punkte und sorgte für die Stabilisierung des Produktionsindex bei 52,7 Punkten. Die Belebung des internationalen Handels ausgehend von der Konjunkturerholung im asiatischen Raum brachte der europäischen Industrie viel Neugeschäft. Insbesondere die deutsche Industrie profitierte vom stärkeren Rückenwind durch die globale Konjunktur, was sich angesichts der starken Vernetzung mit österreichischen Zulieferbetrieben positiv auf viele Bereiche der heimischen Industrie auswirkte.
„Die gestiegene Auslandsnachfrage im Dezember sorgte bei den heimischen Vorleistungs- und Investitionsgüterherstellern für eine kräftige Produktionsausweitung. Während sich damit der Aufschwung der österreichischen Industrie insgesamt sogar beschleunigte, sanken sowohl Neugeschäft als auch die Produktion der Konsumgüterhersteller“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. Durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie in Österreich, die vor allem den Dienstleistungssektor treffen, läuft die Entwicklung der verschiedenen Industriebereiche derzeit stark auseinander.
Probleme in der Lieferkette führten zu Auslieferverzögerungen
Eine Beschleunigung der Produktionsausweitung im Einklang mit der dynamischeren Auftragsentwicklung wurde im Dezember durch Lieferprobleme und Engpässen beim Einkauf von Vormaterialien unterbunden. „Aufgrund von Kapazitätsengpässen bei den Lieferanten, Beschaffungsproblemen bei Rohstoffen, dem Mangel an verfügbaren Frachtcontainern sowie der teilweisen Unterbrechung der Lieferketten infolge der weltweiten Lockdowns kam es im Dezember zum Teil zu Verzögerungen in der Produktion. In der Folge verlängerten sich die Lieferzeiten so stark wie zuletzt im April“, meint Pudschedl. Auch die Auftragsrückstände nahmen deutlich zu. Der entsprechende Index stieg auf 54,2 Punkte.
Verteuerung von Rohstoffen
Aufgrund von gestiegenen Frachtkosten und Lieferengpässen kam es im Dezember zu einer starken Verteuerung einiger Vormaterialien und Rohstoffe. Insbesondere der Preis einer Reihe von Metallen sowie von Chemikalien, Kunst- und Kraftstoffen stieg an. „Während sich die Einkaufspreise im Dezember so stark erhöhten, wie zuletzt vor fast zwei Jahren, konnten die Verkaufspreise aufgrund des harten Wettbewerbs nur moderat angehoben werden. Der Mehrzahl der heimischen Industriebetriebe gelang es nicht, die höheren Kosten an die Kunden weiterzugeben. Die Ertragslage in der österreichischen Industrie hat sich daher im Durchschnitt im Dezember verschlechtert“, so Pudschedl.
Verlangsamung des Jobabbaus zum Jahresende
Der Konjunkturaufschwung in der heimischen Industrie hat sich bisher nicht in einem Zuwachs der Beschäftigung niedergeschlagen. Im Dezember zeigt die Beschäftigungslage jedoch erstmals seit Beginn des Jobabbaus im März Anzeichen einer Stabilisierung. Der Beschäftigtenindex ist auf 49,4 Punkte gestiegen, was auf einen nur noch sehr geringen Rückgang des Personalstands in der heimischen Industrie zum Jahresausklang schließen lässt. Insgesamt ist in der Sparte Herstellung von Waren im Jahr 2020 die Beschäftigung um durchschnittlich 1,5 Prozent bzw. 9.400 Personen gegenüber 2019 gesunken. Im Gegenzug stieg die Anzahl der gemeldeten Arbeitssuchenden um fast 7.800.
„Die Arbeitslosenquote in der österreichischen Industrie nahm infolge der Pandemie von durchschnittlich 3,7 Prozent im Jahr 2019 auf 4,9 Prozent im Jahr 2020 zu, ein Anstieg um genau ein Drittel. Damit ist die Beschäftigtensituation in der Industrie dennoch deutlich günstiger als in der Gesamtwirtschaft, in der die Arbeitslosenquote zudem stärker von 7,7 auf 10 Prozent im Jahresdurchschnitt 2020 gestiegen ist“, meint Pudschedl. Besonders stark betroffen von der Pandemie wurde 2020 die Arbeitsmarktlage in der Herstellung von Nahrungsmitteln und Getränken, bei der Herstellung von Textilien, Bekleidung und Druckerzeugnissen sowie in der Metallerzeugung und -bearbeitung.
Die Ökonomen der UniCredit Bank Austria erwarten, dass sich die in der Sachgütererzeugung günstigere Konjunktur im Vergleich zu anderen Sektoren der österreichischen Wirtschaft vorteilhaft am Arbeitsmarkt auswirken wird. Die Arbeitslosenquote wird sich 2021 in der heimischen Industrie auf rund 4,5 Prozent verringern, während in der Gesamtwirtschaft mit einem Wert von durchschnittlich 9,6 Prozent zu rechnen sein wird.
Kurzfristig nachlassende Erholung erwartet, aber längerfristig steigt der Optimismus
Der Anstieg des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Dezember weist auf eine Verbesserung der Industriekonjunktur gegenüber den Vormonaten trotz des aktuellen Lockdowns in Österreich hin. Allerdings vollzieht sich der Aufschwung zweigeteilt. Getragen wird der Aufschwung von der Investitionsgüterindustrie und der Herstellung von Halbfertigprodukten, während die Konsumgüterindustrie unter einer unverändert schwachen Auftragslage leidet.
Kurzfristig wird diese Konstellation eine Fortsetzung des Konjunkturaufschwungs in der heimischen Industrie erlauben, worauf das Indexverhältnis zwischen Neuaufträgen und den Beständen im Absatzlager hinweist. Mit den vorhandenen Lagerbeständen können die eingelangten Aufträge nicht ohne eine weitere Produktionssteigerung erfüllt werden. Allerdings zeigt das Indexverhältnis im Dezember mit einem Rückgang auf 1,15 auf eine Abschwächung des positiven Trends für die unmittelbar bevorstehenden Monate hin.
„Während der neuerliche befristete Lockdown ab 26. Dezember dieses Jahres unmittelbar zu einer Abschwächung der Industriekonjunktur in Österreich führen dürfte, sind die Betriebe hinsichtlich der mittelfristigen Aussichten deutlich optimistischer geworden. Mit dem Start der Impfungen gegen das SARS-CoV-2-Virus sind die Produktionserwartungen für das kommende Jahr stark gestiegen, da eine wirtschaftliche Normalisierung konkret in Sicht kommt. Der Erwartungsindex liegt mit 65,2 Punkten auf dem höchsten Wert seit fast drei Jahren“, so Bruckbauer abschließend.